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27. Januar 2013 7 27 /01 /Januar /2013 21:18

Handout von Sophia

 

Luigi Nono

 

 


Luigi Nono, ein bedeutender Komponist des 20. Jhdt., wurde am 29.01.1924 in Venedig geboren. Nach seinem Abitur 1942 absolvierte er auf des Vaters Wunsch hin ein Jurastudium. Anschließend studierte er bei Bruno Maderna die musiktheoretischen Grundkenntnisse. Ab 1950 nahm er im Sommer an den Darmstädter Ferienkursen teil. Von dem dort vermittelten Stil grenzte er sich später jedoch klar ab. Mit 28 Jahren trat er der Kommunistischen Partei

 


bei. 1955 heiratete Nono die Tochter von Schönberg, Nuria. Sie bekamen zwei Töchter, Silvia und Serena Bastiana. Musikalisch war er vorwiegend in Deutschland tätig. Neben Darmstadt später auch im Freiburger Tonstudio und in Berlin. Kurz vor seinem Tod wurde er mit dem „Kunstpreis Berlin 1990“ geehrt. Der an Hepatitis erkrankte Komponist starb im Mai 1990 in Venedig.

Nono wurde entscheidend von der 2. Wiener Schule und speziell von Anton Webern und Edgard Varèse beeinflusst. In der Musik war er stets auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten. Nono wählte zuerst das Material (intervallisch, klanglich, rhythmisch) aus, mit diesem experimentierte und komponierte er dann. Dabei hielt er sich nie nur an eine Konkretisierung von vorgeformten Strukturen, sondern war offen zu improvisieren. Er stellte sich der Problematik Text in Musik umzuwandel, indem er neue Strukturen und Kompositionsweisen entwickelte, die eine übergeordnete Verbindlichkeit schaffen und nicht an der Bedeutung einzelner Worte festhalten. Nono verstand die Musik als Sprache, mit der er Stellung bezog und diese in und durch Musik aussprach. Musik stellte für ihn keine versöhnte, harmonische Gegenwelt zum Leben dar, sondern war Teil des Wesentlichen im Leben, infolgedessen will und muss Musik, nach seinem Verständnis, explizit politisch sein. Sprach er von Musik, so sprach er nie von seiner Kunst sondern von seiner Arbeit, hier wird die Untrennbarkeit seines Lebens und seiner Werke deutlich.

Die Nachkriegszeit beinhaltet das starke Bedürfnis nach Wahrheit. Für Nono war eine neue Gegenwart nur mit der Erinnerung an das vergangene Grauen (Hitler, Mussolini) denkbar. Seine Auseinandersetzung mit entsprechenden Texten sah er als seinen Beitrag zu der damals gegenwärtigen Auseinandersetzung mit der faschistischen Vergangenheit. Nono beschäftigte sich lebenslang mit der Todesthematik. Alle Werke Nonos gehen von einem menschlichen Anreiz aus, z.B. von einem Ereignis, Erlebnis oder Text des Lebens, der ihn als Mensch und Musiker dazu drängt Zeugnis abzulegen. Sein Ziel war das Erreichen eines dauerhaften Friedens.

 

 

Il canto sospeso

 

Il canto sospeso ist eine halbstündige Kantate für drei Solostimmen, Chor und Orchester in neun Sätzen. Der Name hat eine doppeldeutige Bedeutung, nämlich „schwebender / unterbrochener Gesang“, somit wird der musikalische sowie der textliche Inhalt des Stücks beschrieben.

Die Uraufführung fand am 24.10.1956 in Köln statt und war ein nachhaltiger Erfolg, der für Nono den Durchbruch in Europa bedeutete. Il canto sospeso war lange Zeit sein berühmtestes Werk. Es steht für Widerstand, Toleranz sowie für Widerstand gegen Unterdrückung und Nazismus.

Dieses Stück weißt ein streng serielles Verfahren nach, wie kaum ein anderes Werk Nonos und doch ruht sich Nono nicht auf einer Methode aus, sondern gestaltet phantasievoll jeden Satz aus einem anderen Blickwinkel.

Das Stück benötigt mehr Proben als üblich, auch bergen die Gesangspartien enorme Anforderungen an ihre Interpreten.

 

Das Werk beruht auf einer Sammlung von Abschiedsbriefen („Lettere di condannati a morte della restistenza europea.“) zum Tode verurteilter Widerstandkämpfer, die 1954 in Turin erschien. Mit diesem Stück verdrängt Nono nicht die Angst und das Leiden, sondern stellt sich ihnen unmittelbar. Das Individuum steht im Zentrum der ganzen Komposition.

Das Werk hat folgende Besetzung: Sopran, Alt, Tenor und Chor, der bis zu zwölfmal geteilt wird. Auffallend bei der Orchesterbesetzung sind die vielen Blechbläser, 6 Hörner, 5 Trompeten, 4 Posaunen sowie 3 Pauker, Schlagzeug, 2 Harfen, Celesta (Glockenspiel).

Das gesamte Werk basiert auf einer Allintervallreihe (alle Töne und Intervalle sind enthalten), die durchgehend beibehalten wird. Die Sätze unterscheiden sich deutlich durch die Einteilung der Singstimmen und der Instrumente voneinander. Die Ähnlichkeiten und Kontraste zeigen die berechnete Architektur des Werkes. Das Gesamtwerk ist in drei Teile gegliedert, die immer kürzer werden (4, 3, 2 Sätze). Dies wird nach dem vierten und dem siebten Satz jeweils durch eine kurze Pause in Form einer Fermate vermerkt. Die immer kürzer werdenden Teile sind Stationen, Bilder einer konkreten menschlichen Tragödie, als Tragödie schöpferischer Menschen. Sechs der neun Sätze sind Vokalsätze, denen zehn Briefausschnitten aus sechs verschiedenen europäischen Ländern in italienischer Sprache zugrunde liegen.

 

VI a

Dieser Teil bildet den dramatischen, aufwühlenden Höhepunkt des Werkes.

Das Orchester stellt die Mörder dar, indem es den Text auf der Bedeutungsebene des Berichts von dem Standpunkt der Handelnden, Schicksalsbringenden wiedergibt. Jede Silbe besitzt eine eigene Dynamikzusammenstellung. Anfangs besitzt das Orchester eine größere Anschlagsdichte als der Chor. Auf die „Schläge“ des Orchesters reagiert der Chor (die Opfer) mit Stimmstößen, stilisierten Schreien. Wie die Ursache von unten nach oben zur Wirkung wird, wird durch die tiefe Lage des Orchesters, die dann höher wird und durch die um einen Takt nachfolgende Reaktion des Chores gezeigt. Der Krebs im Orchester spiegelt die Unentrinnbarkeit der Opfer.

 

VI b

Dieser Teil besitzt eine ruhigere Stimmung und bildet den Übergang zum lyrischen Höhepunkt des Werkes im VII Satz. Die Melodielosigkeit von VI a, ist die Kritik an der Nazibrutalität, die eine Unmöglichkeit des Gesangs hervorruft. Sie schlägt um in eine melodiöse Rezitation der Anklage in Teil b. Das ängstliche Aneinanderklammern, die Verdichtung/Verklumpung der Töne wandelt sich nun ins Schwebende in ein sich-Aufrichten, die Opfer werden zu selbstbewussten Kämpfern für die Menschlichkeit. Die Breite der Dynamik ist in Teil b geringer, die Klangfarben ändern sich von Blech und Pauke zu Streichern. Die Szene des hässlichen a Teils schlägt um ins Reflektierende und wird schöner, die Opfer der Geschichte leuchten ins Zukünftige.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

-Luigi Nono; Jürg Stenzl; Rowohlt Taschenbuchverlag (rororo)

-Konstruktion und Ausdruck, Analytische Betrachtungen zu „Il Canto sospeso“ (1955/56) von Luigi Nono; Wolfgang Motz; PFAU-Verlag

-Vom hörbaren Frieden; von Hartmut Lück und Dieter Senghaas; Suhrkamp Verlag

- http://www.incontri-europei.de/projekt/nono/schulprojekt/zeuthen/musik/k3.html

 

 

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