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29. Januar 2013 2 29 /01 /Januar /2013 16:47

Alinas Handout:

 

Fluxus
Begrifflichkeit
Fluxus ist schwer zu definieren. Viele Fluxuskünstler sind sogar der Meinung, dass eben diese
Unbestimmbarkeit eine ihrer wichtigsten Eigenschaften ist. Der Begriff bedeutet etwa „fließen“ und
beschreibt den fließenden Übergang zwischen Kunst und Leben, aber auch zwischen den verschiedenen
„Gattungen“ Musik, bildende Kunst, Theater, Literatur und später der Videokunst. Fluxus ist intermedial.
Seit dem Dadaismus ist sie die erste Kunstform, die Elemente aus diesen grundlegend unterschiedlichen
Bereichen nicht nur gleichberechtigt nutzt, sondern zu einer neuen, übergreifenden Kunstform entwickelt
hat. Fluxus basiert auf Simplizität und Alltäglichem und möchte die Kunst entkommerzialisieren und
entprofessionalisieren. Die „Life Performance“ steht im Mittelpunkt sowie die Formel „Kunst = Leben“.
Typisch für Fluxus ist die Aneinanderreihung von Geschehnissen aus unterschiedlichen Lebensbereichen in
einer kompositionsartigen Aktionsform. Neben der Alltagsbezogenheit und der Simplizität wird dem Zufall
und dem Experimentieren eine wichtige Rolle zuteil, da ein entwickeltes Konzept bei der Durchführung
jedes Mal völlig anders ausfallen kann und soll.
Was genau ist nun aber Fluxus? Einer der wichtigsten Vertreter des Fluxus, Dick Higgins, ist der Meinung,
es sei eher eine Lebenseinstellung, die sich aus der Verbindung von völlig Neuem und Altem ergab.
Besonders die musikalischen Konzepte von John Cage und seine durch den Zen-Buddhismus beeinflusste
Haltung gegenüber von Zeitabläufen, sowie die Art der Medienverwendung, können hier als „neu“ gemeint
sein. Die Wiederentdeckung des Dada und die Zusammenführung aller Kunstgattungen als Elemente aus
dem „Alten“ gelten hier als „alt“. Fluxus als Idee trägt zudem das Potenzial und das Ideal eines sozialen
Wandels in sich und kann somit nicht nur als Bezeichnung für eine bestimmte Kunstrichtung herhalten.
Geschichte
Bezeichnend für Fluxus ist, dass es sich eigentlich an drei völlig verschiedenen Orten parallel entwickelte,
nämlich in New York, Europa (speziell in Deutschland) und in Japan.
Das Wiederaufleben von Dadaismus Elementen in New York 1957 führte zu einem Gesinnungswandel
vieler junger Künstler.
Ganz entscheidend war der Einfluss von John Cage. Wichtig sind hier seine Musikperformances, bei denen
er die Bedeutung des Musikbegriffs völlig neu auffasste. Cage maß einfachen Gegenständen die Bedeutung
von Instrumenten an. Er lehrte an der New School for Social Research in New York. Seine Vorlesungen für
experimentelle Komposition bildeten die zentralen Gedankenanstöße für die jungen Künstler George
Brecht, Dick Higgins, Allan Kaprow und George Maciunas. Maciunas stammte aus Litauen und war
Graphiker bei der US-Airforce. Um ihn entstand ein Kreis von Künstlern aus unterschiedlichen Gattungen,
die auf der Grundlage von Cages Überlegungen über neue Wege in der Kunst diskutierten. Sie nannten sich
die „New York Audio-Visual-Group“.
Auch in Deutschland entwickelte sich eine solche Gruppe, die mit der amerikanischen vor allen Dingen
durch Maciunas in Kontakt kam. Die Gruppen fanden auf beiden Seiten des Atlantiks regen Zulauf, so nahm
auch John Lennons Frau Yoko Ono an den Performances und Ausstellungen der amerikanischen Gruppe teil.
In Deutschland wurden Köln, Wuppertal und Aachen wichtige Orte für die Avantgardeszene, zu der
mittlerweile Künstler wie Wolf Vostell und der Koreaner Nam June Paik gehören.
„Fluxus“ war zunächst der Name einer von Maciunas geplanten Zeitschrift, die aber niemals erschien. Doch
durch von ihm organisierte gemeinsame Aktionen in Europa, kam es schließlich zu einer zeitweiligen
Zusammenführung zu der sogenannten „Fluxus-Gruppe“. Das erste „Fluxusereignis“ waren die
Internationalen Festspiele Neuester Musik in Wiesbaden um 1962, die aus 14 Konzerten bestanden. Diesem
ersten mehrtägigen Festival, folgten zahlreiche Veranstaltungen unter dem Titel „Festum Fluxorum“ in
Kopenhagen, Paris, Amsterdam und Düsseldorf. So kam es, dass sich die Gruppe ausweitete und
internationalen Zuwachs bekam (z.B. Joseph Beuys und La Monte Young). Sie waren alle aus
verschiedenen Kunstgattungen, wodurch es zur Überlappung verschiedener Elemente und Prinzipien in ihren
Performances kam, die sich schließlich zu einer eigenständigen Kunstform verbanden- dem Fluxus.
Entscheidend für die Entwicklung war der geschaffene Raum für Austausch und Transformation. So geht es
beim Fluxus eben nicht nur um das Ergebnis künstlerischen Handelns, sonder um den Weg dorthin, um
Dialog, Entwicklung und „soziale Kreativität“. Da dies nicht nur für einen bestimmten historischen
Zeitpunkt gilt, existiert Fluxus noch lange nachdem sich die Gruppe um 1964 schon wieder trennte, weiter.
Auch heute noch gibt es aktive Fluxuskünstler, z.B. in Heidelberg, und durch das Internet ist im
„Fluxusforum“ der internationale Austausch noch verbessert worden. Doch äußert sich die Kunstform nun in
einer anderen Weise, denn auch Fluxus ist im Fluss.
Nam June Paik
Im Folgenden wird auf den Künstler Nam June Paik eingegangen, wobei der Schwerpunkt auf seinen
musikalischen Aktivitäten liegt. Auch John Cages Einfluss auf Paik und das daraus resultierte Stück
„Hommage á John Cage“ werden an dieser Stelle behandelt.
Nam June Paik wurde am 20.07.1932 in Seoul, in Südkorea, geboren. Seine Familie flüchtete nach Japan, wo
er Ästhetik, Musik- und Kunstgeschichte in Tokio studierte. Seine Abschlussarbeit hielt Paik über Arnold
Schönberg. 1956 kam er nach Deutschland, und schrieb sich bei der Hochschule für Musik in Freiburg ein,
wo er zwei Jahre bei Wolfgang Fortner Komposition studierte. Doch interessierte er sich kaum für
traditionelle Musik, auch nicht für die Zwölftontechnik. Fortner erkannte dies bald und verfasste ihm ein
Empfehlungsschreiben für das elektronische Studio des WDR in Köln.
Paik wurde in das elektronische Studio aufgenommen. Er arbeitete zu diesem Zeitpunkt nicht mehr nur nach
den Methoden der Seriellen Musik. Noch in Freiburg hatte er eine Tonbandcollage erstellt, die auf einem
koreanischen Gedicht basierte und mit Klangelementen wie Wassergeräuschen, dem Stammeln eines
Säuglings und Fragmenten von Tschaikowski-Werken ausgestattet war. Das Collageprinzip bildete das
Grundmuster der folgenden Kompositionen, sowie der späteren Videobänder.
Auf den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt lernte Paik 1957 Stockhausen und 1958
John Cage kennen. Durch die innovativen Ideen von Cage, fühlte sich Paik endgültig in die Lage versetzt,
seinen anerzogenen Respekt gegenüber der europäischen Musiktradition aufzugeben, was sich in seinen
folgenden Kompositionen zeigen sollte.
Dazu ein kleiner Exkurs über den Komponisten John Cage. Er formulierte ein völlig neues Verhältnis zu
Geräuschen, indem er bereits alltäglichen Klängen die Bedeutung von Musik zuteil werden ließ. So wurden
Haushaltsgeräte, Radios usw. zu vollwertigen Instrumenten erklärt. Auch präparierte er erstmals ein
Klavier, was soviel bedeutet, dass er zwischen die Saiten alle möglichen Gummiteile klemmte, um sie zu
dämpfen. Er komponierte für Tonbandgeräte und arbeitete mit Musikperformances. Dies taten zu dieser Zeit
auch schon andere Künstler- revolutionär war sein originelles Denken, denn durch seine Beschäftigung mit
dem Zen-Buddhismus gelangte er zu dem Schluss, dass Gleichwertigkeit ein zentraler Punkt des
Universums ist und dass sowohl die absichtlich komponierten Klänge, als auch die durch Zufall entstandenen
gleichberechtigt sein sollten. Er entwickelte die sogenannte „Organization of Sound“. Überhaupt bekam der
„Zufall“ in der Musik für ihn eine wichtige Bedeutung. Auch die „Göttlichkeit der Leere“, spielte in vielen
seiner Stücke eine große Rolle, so z.B. in 4'33'', bei dem der Interpret eine genau festgelegte Zeit vor dem
Klavier sitzt und nichts tut. Alles muss sich frei entfalten dürfen und so haben Cages Partituren auch eher
Vorschlagscharakter. Cages Ideen haben über die Musikwelt hinaus gewirkt und sind Teil seiner
Lebensphilosophie geworden.
„Hommage à John Cage“
Für Paik bedeutete die Begegnung mit Cage eine neue Phase seiner musikalischen Entwicklung. Seine
Komposition für Tonbänder und Klavier „Hommage á John Cage“ spiegelte diese Veränderung wieder.
Diese Komposition besteht in ihrem musikalischen Teil aus einer Tonbandcollage, der zwei präparierte
Klaviere beigestellt sind. Dabei sollte die Präparation der Klaviere ganz anders sein als bei Cage. Neben den
primär akustischen Ereignissen gehören Aktionen wie das Zerschmettern von Eiern, das Zerbrechen von
Glas und das Umstürzen eines Klaviers zum Stück dazu. Neu an diesem Werk waren die absurden und
aggressiven Handlungen, die weder in der elektronischen Musik des Kölner Studios noch in den
Kompositionen von Cage zu finden waren.
In diesem facettenreichen Porträt schafft Paik eine Collage aus Cages Performances, Anekdoten,
Ausschnitten aus Interviews mit Freunden und Kollegen. Dabei legt er geschickt sowohl Cages Strategien
und Anliegen in der Komposition, als auch seine Philosophie dar. Die Methoden des Zufalls und der
Gleichberechtigung kommen zur Geltung, genauso wie die „Göttlichkeit der Leere“.Es fand im Oktober
1960 ein gemeinsames Konzert von Cage und Paik statt, bei dem Paik in seiner „Hommage á John Cage“
diesem die Krawatte abschnitt und ihm die Haare mit Shampoo wusch.
Es begann nun die Phase der „Action Music“ in der es ihm um die Eliminierung herkömmlicher Musik- und
Aufführungspraktiken ging. Seine zerstörerischen Aktionen sollten irritieren und schockieren und so vielen
zahlreiche Instrumente seinen nun folgenden Performances zum Opfer. Paiks Rolle in der Musik ist jedoch
nicht zu vergleichen mit seiner Bedeutung für die Videokunst, deren Begründer er später werden sollte. Es
finden sich aber noch bei späten Videoinstallationen Elemente aus seiner Zeit als Komponist- so z.B. die
Verbindung asiatischen Erbes wie dem Zen mit westlicher Technologie, die Strukturierung von Zeit und
nicht zuletzt seine Vorgehensweise beim Entwickeln neuer Werke, die immer die eines Komponisten
geblieben ist.

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